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Holunder

(Katalog 2016, Seite 269)

Holunder - Holler, Schwarzer Flieder, engl. Elder, Holder, Sambucus nigra

Jetzt im November sitze ich gemütlich in meinem Zimmer und genieße, bei grässlichem, nasskaltem Wetter draußen, einen heißen Fliederbeerensaft. Lecker. Als Kind ging ich mit meinen Eltern jedes Jahr die Holunderbeeren ernten. Im großen Dampfentsafter wurde aus den Rispen der Saft gewonnen und sodann in Gläser eingekocht. Während der Wintermonate wurde er dann heiß statt Tee oft zum Abend getrunken. Holunderbeersaft ist echt heftig in der Färbekraft. Also Achtung beim Einkochen. Auch auf den ärmsten Böden findet Holler die notwendigen Bedingungen für sein üppiges Wachstum. Er kann als Busch, aber auch als Baum vorkommen und erreicht Höhen von bis zu 10m. Alles an ihm vom Stamm übers Blatt bis zur Frucht duftet. Im Inneren ein dürres Geäst, ist er nach außen lebensspendend.

Die Verwendung

Holunder ist vielseitig einsetzbar. Aus den Beeren braut man einen Saft oder zerkocht sie zu Mus, die Blüten nutzt man für Kuchen, Sirup oder Tee, die Blätter und Beeren zur Blutreinigung und die Wurzel bei Wassersucht. Holunderblüten und –beeren sind ein traditionelles Mittel gegen Fieber, Schnupfen und Husten. Aber immer im gekochten Zustand, roh sind sie leicht giftig. Eine geringe Verwechslungsgefahr besteht mit dem giftigen Zwergholunder, aber die Gefahr ist wirklich gering, denn erstens ist dieser klein und der Holunder groß und zweitens braucht man nur mal kurz zu schnuppern und schon weiß man, welcher einem stinkt. Und von dem läßt man die Finger. Hildegard von Bingen sagte vom Holunder: „Ein Schwitzbad dem erhitzte Holunderblätter zugegeben sind, hilft bei gleichzeitigem Trinken von Wein mit Holunderblüten gegen Gelbsucht.“ Auch Pfarrer Sebastian Kneipp schätzte den Holunder. Er schrieb: „Wird die Beere mit Zucker oder besser mit Honig eingekocht, so dient die Masse zur Winterzeit besonders solchen Leuten vorzüglich, die wenig Bewegung haben.“ Zudem empfahl er sie „bei Organismen, in welche die Wassersucht (Ödeme) Einzug halten, sich ansetzen will.“ Da, so war er sicher „treibt die Holunderwurzel, als Tee zubereitet, so heftig Wasser aus, dass sie kaum von irgend einem anderen Medikament übertroffen wird.“ Besprechungen von Krankheiten erfolgten oft mit Zuhilfenahme des Holunderbusches. Wichtig dabei war die Abbitte/Besprechung möglichst an einem Freitag bei abnehmendem Mond, kurz vor Sonnenaufgang vorzunehmen. Man zauberte die Krankheit weg oder verbannte sie in den Holunderstrauch.

Magie & Märchen

In vielen Ländern, allen voran Dänemark, wurde der Holler (engl. Elder) mit Magie in Verbindung gebracht. Als Elder-Stab kommt er auch bei Harry Potter vor. Hier gehört er zu den 3 Heiligtümern des Todes. Glück und Pech, Hell und Dunkel, Leben und Tod, all das ist volkstümlich eng mit dieser Pflanze verknüpft. Besonders deutlich wird dieses im Märchen „Frau Holle“ der Brüder Grimm. Da klettert ein Mädchen in einen Brunnen hinab und landet im Himmelreich, wo sie die Betten schüttelt, damit es auf der Erde schneit. Frau Holle ist die Holda, die Große Mutter, Herrin über das Wetter und die Jahreszeiten, Leben und Tod, Schutzpatronin für Haus und Hof, Gebieterin auch der Zwerge. Ihr gewidmet ist der Holunder, weshalb er auch Hollerbusch genannt wird. Im Märchen „Frau Holle“ trifft also Marie die Holda, die nach Volksglauben im Hollerbusch wohnt und von dort über das Wohl des Hauses und seiner Bewohner wacht.

Ist es nicht ein schöner Gedanke im Holunder die Holda, die Große Göttin wohnen zu haben? Auf Grund dieser Wichtigkeit für die Sippe, findet sich der Holunder u.a. in einem der Kinder-Reigen-Lieder wieder: „Ringel, ringel Reihe, sind der Kinder dreie, sitzen unter´m Hollerbusch, rufen alle husch, husch, husch.“ Ich hatte als Kind keine Ahnung, was ein Hollerbusch ist, fand aber den Vers und das dazugehörige Spiel so Klasse, dass ich es bis heute kenne. Nach Verbreitung des Christentums wurde der alte Brauch unter Holunderbäumen zu beten und zu opfern unter hohe Strafen gestellt. Jedoch noch heute steckt man in Tirol mancherorts Holunderzweige in die Graberde, verbunden mit der Hoffnung, dass sich frische Triebe zeigen, als Zeichen, dass der Tote seine ewige Ruhe gefunden hat.

So bleibt abschließend nur zu sagen, ich schließe mich Pfarrer Kneipp an, der die Ansicht vertrat „es solle kein Wohnhaus geben, wo er nicht gleichsam als Hausgenosse in der Nähe wäre oder wieder in der Nähe gezogen würde.“ (Quelle: S. Kneipp, Meine Wasserkur)

Meine Buchempfehlung für alle, die sich für die mythischen Denkweisen unserer Vorfahren interessieren:

‚Hexenmedizin‘ von C. Müller-Ebeling, Christian Rätsch, W.-D. Storl, ISBN 3-85502-601-7

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